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Organisationen, die Begeisterung wecken

Einer aktuellen Studie zufolge leisten zwei von drei Arbeitnehmern Dienst nach Vorschrift. Jeder siebte hat sogar bereits innerlich gekündigt. Trotz wachsendem Wohlstand konstatieren Umfragen einen wachsenden Verlust von Sinnstiftung und Motivation in Unternehmen, Behörde und Organisationen.

Und doch zeichnen sich spürbare Veränderungen ab. Nicht nur in jungen Unternehmen und Start-ups kommen neue Organisationsformen mit hoher Mitarbeitermotivation und Selbstbestimmung zum Tragen. Der ehemalige McKinsey-Partner, Unternehmensberater und Führungskräfte-Coach Frédéric Laloux hat zwölf Firmen aus verschiedenen  Branchen mit unterschiedlicher Größe und unterschiedlichem Alter untersucht, die es anders machen und mit einem sinnstiftendem “evolutionären Organisationsmodell” Erfolg haben. Seine Erkenntnisse und Analysen hat er in dem bahnbrechenden Buch “Reinventing Organizations” zusammengetragen.

Organisationsstruktur auf dem Prüfstand

Es stellt viele der heutigen Unternehmensformen grundsätzlich auf den Prüfstand und zeigt damit einen radikalen Paradigmenwechsel hin zu einer integralen Organisationsentwicklung auf. Der Untertitel “Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit” deutet auf den Praxiswert des Buches auf Fragen wie: Was zeichnet die Organisationsformen neuen Typs gegenüber traditionellen Unternehmensmodellen aus und welche Vorteile bieten sie? Was sind  Merkmale und Praktiken integral-evolutionärer Organisationen? Wie können die dazu notwendigen Strukturen konkret geformt werden?  Was bedeutet ein Mehr an nutzbarem Potential für Mitarbeiter, Führung und die Unternehmensziele?

Laloux selbst formuliert die gegenwärtige Misere so: “Die Art und Weise, wie wir die gegenwärtigen Probleme von Organisationen zu lösen versuchen, macht die Lage schlechter  und nicht besser. Die meisten Organisationen haben viele Runden mit Change-Programmen, Fusionierungen, Zentralisierungen und Dezentralisierungen, neuen IT-Systemen, neuen Leitbildern, neuen strategischen Managementsystemen oder neuen Prämiensystemen hinter sich. Es macht den Eindruck, als hätten wir die gegenwärtige Organisationsführung bis an die Grenzen ausgereizt und diese traditionellen Rezepte scheinen eher Teil des Problems zu sein als deren Lösung.”

Sinnstiftung statt grenzenlosem Wachstum

Auch vor dem Hintergrund gesellschaftlicher und ökologischer Fragestellungen scheint ein Umdenken erforderlich, weil das “Modell des grenzenlosen Wachstums mit begrenzten Ressourcen unweigerlich an sein Ende kommt”, wie Laloux feststellt. Nur eine Transformation des Bewusstseins und der Zusammenarbeit können seiner Ansicht nach einen Ausweg aus der globalen Einbahnstraße weisen. Als Vergleich zieht Laloux Ergebnisse aus der menschlichen Bewusstseinsseinsforschung heran. Demnach habe es in der Entwicklung immer wieder signifikante  Sprünge  der kognitiven, moralischen und psychologischen Fähigkeiten des Menschen im Umgang mit der Welt gegeben. Er bezieht sich dabei auf Stufentheorien von Forschern wie Ken Wilber, Robert Kegan oder Jane Loevinger. Dieses Prinzip der Stufenmodelle lässt sich nach Ansicht von Laloux auch auf Organisations- und Unternehmenssysteme übertragen.

Evolutionsstufen von Organisationen

Der Buchautor arbeitet dabei fünf Stufen heraus, die aufeinander aufbauen und mit verschiedenen Farben gekennzeichnet werden. Ihnen liegt jeweils ein anderen Organisationsprinzip zugrunde:

  • Rot – Prinzip: Wolfsrudel – Machtausübung und Angst – Beispiele: Mafia, Streetgang, Terror-Organisation
  • Bernstein – Prinzip: Armee – stark autoritäre Organisation und strenge Hierarchie geben Stabilität – Beispiele: Militär, Kath. Kirche, Behörden, öff. Schulsystem
  • Orange – Prinzip: Maschine – Gewinn, Innovations- und Leistungskontrolle sind wichtige Ziele – Beispiele: Konzerne, multinationale Konzerne
  • Grün – Prinzip: Familie – Hierarchie, die sich an gemeinsamen Werten, Zielen und Interessen orientiert, im Mittelpunkt –  Beispiele: NGOs, Southwest Airlines, Ben & Jerrys
  • Petrol – Prinzip: Netzwerk/Organismus – Selbstmanagement, Ganzheitlichkeit und  evolutionäre Ausrichtung dominiert –  Beispiele: Buutzorg, Morning Star, Heiligenfeld Kliniken

Von den ursprünglichen Organisationen eines Wolfsrudels in einer ständig lebensbedrohlichen Situation mit starker Anführer-Orientierung  über Armee, Maschine und Familie als Metapher entwickelt sich das Wirkungsprinzip bis zum selbstorganisierten Netzwerk weiter. Ausgehend vom Bild eines lebendigen Organismus, der sich in engem Kontakt und Austausch mit seiner Umwelt weiterentwickelt, werden in einer evolutionär-integral ausgerichteten Organisation strenge Machthierarchien und Leistungsdruck, Kontrollmechanismen und Organigramme überflüssig, so Laloux.

Eigenverantwortung statt Ego-Dominanz

Stattdessen geben Selbstmanagement und  Eigenverantwortung, kollegiale Verwirklichungshierarchien sowie die Orientierung an konkreten Marktanforderungen die Richtung vor. Unter dem Stichwort Ganzheitlichkeit kann sich der Mitarbeiter mit all seinen Fähigkeiten und Anlagen authentisch und sinnstiftend im Unternehmen einbringen  und wird dafür geschätzt. Konkurrenzdenken, Selbstdarstellung und karriereorientierte Ego-Dominanz werden zugunsten von individueller Freiheit sowie kollektiver Intelligenz und Konfliktlösung im Team überwunden.

Ein drittes Kennzeichen ist die ganzheitlich-evolutionäre Ausrichtung der Organisation. Die Beurteilung der individuellen Leistung erfolgt als Teamprozess und nicht durch die Führungskraft. Der Sinn und das Ziel des Wirtschaftens erschöpft sich nicht in der Gewinnmaximierung, sondern die Verantwortung erstreckt sich darüber hinaus auch auf Kunden und Mitarbeiter, Zulieferer und andere Interessentengruppen.

Während traditionelle Geschäfts- und Managementmodelle auf einer möglichst genauen Vorhersage der Zukunft und deren Kontrolle basieren, vertrauen evolutionäre Organisationen stärker auf den gemeinsamen Sinn für die an die jeweiligen Zeitumstände angepasste Entwicklungsrichtung der Organisation. Die Gedanke dahinter: Die richtigen Gedanken werden sich ganz automatisch durchsetzen, denn niemand opfert seine Zeit freiwillig für eine Idee, die keine Aussicht auf Erfolg hat.

Für seine Analyse hat der ehemalige McKinsey-Berater ein breites Spektrum von Unternehmen analysiert, die zum Teil schon seit Jahrzehnten erfolgreich auf dem Markt sind. Die Bandbreite reicht vom global tätigen US-Energieversorger AES mit 40.000 Angestellten über die niederländische Pflegeorganisation Buurtzorg (7.000 Mitarbeiter) und dem US-Bekleidungshersteller Patagonia bis hin zu den deutschen Heiligenfeld Kliniken und der ESBZ-Schule. In seinem Leitfaden zeigt er auch auf, mit welchen Bedingungen, Hindernissen und Herausforderungen der Weg hin zur Entwicklung einer evolutionären Organisation verknüpft ist.

Burnout und neue Kultur in Organisationen

Sieht man sich die deutliche Zunahme psychischer Überlastungssymptome und Burnout-Fälle in vielen Unternehmen an, könnte das Buch gerade in Managementzirkeln aus meiner Sicht wertvolle Impulse zur Entwicklung einer zeitgemäßen Firmenkultur geben.

>> Hier geht’s zum Buch

Frédéric Laloux: Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Organisationen, Verlag Vahlen 2015, 356 Seiten, ISBN: 978-3800649136.

Mehr Infos finden Sie auf Laloux’ Website: www.reinventingorganizations.com