Besser kommunizieren mit dem DISG-Profil
Ein bißchen hinter die Kulissen der Profis zu schauen, um von den Tipps und Tricks anderer zu lernen, kommt an. Das haben unsere gut geklickten Blogbeiträge unter dem Motto „aus dem Maschinenraum“ in der Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt. Deshalb möchte ich nach einem früheren Blogbeitrag heute ein paar Beispiele aus einem aktuellen Projekt zum Thema „DISG-Profil“ aufgreifen.
Für einen Kunden aus dem Dienstleistungsumfeld habe ich ein Training entwickelt, das Projektverantwortliche dabei unterstützen soll, besser mit dem Kunden zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Schon während der Auftragsklärung haben wir uns gemeinsam entschieden, das DISG-Profil als Werkzeug in den Trainings zu nutzen. Alle Teilnehmer haben dazu ihr persönliches DISG-Profil erhalten und im Online-Training haben wir dann an einem Vormittag das nötige Handwerkszeug zur Nutzung des DISG-Modells sowie zum Verständnis des eigenen Profils vermittelt.
Vier grundlegende Verhaltensstile
Doch der Reihe nach. Was ist denn überhaupt dieses DISG-Persönlichkeitsprofil? DISG® ist ein Modell zur Beschreibung menschlichen Verhaltens, das vier grundsätzliche Handlungstendenzen unterscheidet. Diese Tendenzen werden als Verhaltensstile bezeichnet. Bei DISG gibt es vier Grund-Verhaltensstile: dominant, initiativ, stetig und gewissenhaft.
- Der dominante Typus beschreibt Personen, die gern Entscheidungen treffen, innovativ und willensstark sind. Sie handeln meist schnell und ohne große Umschweife. Die direkte Art dominanter Menschen und ihre Zielstrebigkeit lässt sie zum Teil hart und aggressiv wirken.
- Der initiative Typus beschreibt ausdrucksstarke und begeisterungsfähige Personen, die nicht viel für Details übrighaben. Sie lieben die soziale Interaktion und haben gern Spaß bei der Arbeit. Ihre unstrukturierte Art lässt sie mitunter inkompetent wirken.
- Der stetige Typus beschreibt ausgleichende Personen, die Harmonie und Stabilität schätzen. Sie suchen stets nach Lösungen, die für alle akzeptabel sind und vermeiden Konflikte, wo es nur geht. Mit Veränderungen hat der stetige Typus seine Schwierigkeiten.
- Der gewissenhafte Typus beschreibt Personen, die Genauigkeit und hohe Standards schätzen. Sie gehen logisch und systematisch vor und arbeiten detailgenau. Ihre distanzierte Art und der Fokus auf Logik lassen gewissenhafte Personen mitunter kühl und abweisend wirken.
Glaubenssätze und Wertvorstellungen
Die meisten Menschen zeigen in Ihrem Verhaltensstil eine Kombination der vier Grundstile, so dass sich durch ein- oder zweistellige Kombinationen dann zwölf DISG-Stile ergeben. Unser Verhalten ist eine wesentliche Facette unserer Persönlichkeit. Wichtig ist, dass unser Verhalten geprägt wird von z.B. unseren Glaubenssätzen oder Werten bzw. Überzeugungen, aber auch von uns immer dynamisch an eine ganz konkrete Situation – genauer: unsere eigene Wahrnehmung einer Situation – angepasst werden kann. Mitunter erfordert das ein gewisses Maß an „Anpassungsenergie“.
Dazu eine kleine Übung: Schreiben Sie einfach auf ein Blatt Papier ihren Namen – aber mit der anderen Hand als üblich! Sie werden merken, dass es mehr Zeit braucht, etwas krakelig aussieht und vielleicht nicht so „rund“ wirkt, aber immerhin steht Ihr Name auf dem Papier. Es ist also möglich, Ihr bevorzugtes Verhalten – Ihre normale Schreibhand – durch ein anderes Verhalten zu ersetzen, kostet allerdings etwas Aufwand und schaut nicht ganz so glatt aus.
Aus dem Verhalten ablesen, wie jemand „tickt“
Im Zusammenhang mit anderen Menschen spielen die Punkte „Kommunikation und Zusammenarbeit“ eine wichtige Rolle, da unser Verhalten von unserem Gegenüber immer ganz unmittelbar beobachtet und erlebt werden kann. Das bedeutet, wir können aufgrund eines beobachteten Verhaltens Vermutungen anstellen, wie jemand denn „tickt“ und somit Hypothesen zu dessen Verhaltensprofil bilden.
Ebenso wichtig ist mir auch zu betonen, dass wir nicht unser Verhalten „sind“. Ein Mensch „ist“ also nicht dominant oder stetig, sondern zeigt ein bevorzugtes Verhaltensmuster bzw. eine Kombination davon. Auch hier gilt: Kein Schubladendenken !
Genetisch bedingte Grundmuster
Interessant ist nun die Vermutung, dass unser Verhalten schon früh von genetisch bedingten Anteilen geprägt wird. Kinder werden bereits mit einem gewissen Grundmuster geboren. Als Beispiel dafür führe ich gerne die Frage an, ob jemand eher am Morgen fit in die Arbeit startet oder lieber abends etwas länger aktiv ist.
Das Verhalten von Kindern wird nun zunehmend durch die Reaktionen des Umfelds geformt. Je nach Rückkoppelung werden Verhaltensweisen fortgesetzt oder nicht. Als Erwachsene ist unser Verhalten dann eine Kombination aus unserem „Temperament“ und den Erfahrungen, die wir im Leben gemacht haben. Genau genommen bleibt unser Verhaltensstil im Großen und Ganzen relativ konstant.
Das DISG-Profil wertet nicht
Bei dem DISG-Profil geht es nun immer darum, die unterschiedlichen Verhaltensstile wertzuschätzen und positiv zu nutzen. Es gibt also keinen „guten“ oder „schlechten“ Stil, kein richtiges oder falsches Verhalten. Natürlich können unterschiedliche Verhaltensstile im Zusammenleben Konflikte verursachen, wenn ich ein anderes Verhalten als „falsch“ beurteile.
In unserer Betrachtung geht es nur um ein anderes Verhalten, keines ist besser, jedes bringt Stärken und Begrenzungen mit sich. Und um das schon vorwegzunehmen: Ein erfolgreiches Team kennt seine Unterschiede, ist vielfältig und nutzt genau diese Unterschiede als Stärke!
Die Gründerväter des DISG-Profils
Bei der Geschichte von DISG gelten zwei Persönlichkeiten als wichtig. William Moulton Marston (1893-1947) hat dabei die grundlegende Typologie entwickelt und in seinem Buch „Emotions of Normal People“ beschrieben. Ihm ging es vor allem darum, den Fokus bei der Betrachtung der Psyche ganz besonders auch auf gesunde Anteile bzw. Personen zu richten. Marston lebte mit Zeitgenossen wie Sigmund Freud und erlebte deren Forschung oft zu sehr auf Krankheiten hin ausgerichtet – daher der Titel seines Hauptwerks.
Der zweite Name ist John G. Geier (1934-2009). Geier war ein amerikanischer Psychologie-Professor, der die Forschungen Marstons im Jahr 1972 mit der Entwicklung des DISG-Persönlichkeitstests fortsetzte. Gleichzeitig gründete er seine Firma Geier Learning Systems, mit der er die kommerzielle Vermarktung und vor allem auch Nutzung von DISG in der Wirtschaft vorantrieb.
Er war sowohl als Forscher wie auch als Praktiker sehr aktiv. Ich durfte ihn tatsächlich auch in den frühen Jahren meiner Trainierkarriere auf einem Kongress noch live erleben. Er war eine sehr charismatische Persönlichkeit und konnte Menschen im Gespräch schnell für sich gewinnen – was mir zeigte, dass er sein Werkzeug DISG auch selbst exzellent beherrschte.
Der Blick auf die eigenen Verhaltensmuster
Doch zurück zu unserem Online-Training. Nach einem Einblick in das grundlegende Modell, seine Nutzung („anders ist anders“) und seine Historie lernen meine Teilnehmer zuerst ihr eigenes Profil, also den eigenen DISG-Stil besser kennen.
Sie erhalten dazu vorab die Zugangsdaten zu einer Plattform, auf der sie im Browser durch einen Fragebogen geführt werden, um so ihr eigenes Profil zu erstellen. Ich verwende üblicherweise das DISC-Workplace-Profile. Für Führungskräfte gibt es auch die Variante „Work of Leaders“.
Früher hat man dazu noch Profile in Papierform genutzt, die im (Präsenz-) Training ausgefüllt wurden. Die heute üblichen Profile werden im Browser ausgefüllt und werden als ca. 20-seitiges PDF-Profil geliefert. Sie sind deutlich präziser und bieten auch mehr Informationen, die auf das eigene Ergebnis zugeschnitten sind. Ein Quantensprung in Sachen Qualität und Nutzen!
Aha-Effekte im Austausch über DISG-Profile
Im Training nehmen also die Teilnehmenden jetzt ihr eigenes Profil zur Hand und reflektieren – von mir geführt – ihr eigenes Ergebnis, also ihren DISG-Verhaltensstil. Für manche Menschen ist das schon ein großer Nutzen, sich selbst besser zu verstehen. Oft kommt auch die Frage auf, woher das denn so ein kurzer Fragebogen alles wissen könne. Tja, das ist eben die Leistung von Prof. Geier und seiner Forschung. Andere Menschen hingegen, die sich schon etwas besser kennen, fühlen sich oft bestätigt und in ihren Stärken, aber auch Begrenzungen gut getroffen.
Hier ist der Nutzen dann eher mit einem professionellen Feedback vergleichbar. Was ich immer sehr interessant finde, ist der darauffolgende Austausch zum eigenen Profil in Kleingruppen. Bereits hier lege ich als Trainer den Grundstein für die wichtigste Anwendung von DISG: Tauscht euch aus über eure Profile, lernt euch gegenseitig besser kennen und verstehen. Mit anderen Worten: Hier etablieren wir bereits eine Meta-Kommunikation, weil die Teilnehmenden nun ein Werkzeug gefunden haben, mit dem sie sich über Unterschiede austauschen können, ohne sich persönlich angegriffen zu fühlen.
Aufschlussreiche Sicht auf das Gegenüber
Es geht nicht mehr um Fragen wie „Warum bist du immer so langsam?“, sondern um Erkenntnisse wie etwa: „Dir sind also Qualität, Genauigkeit und Präzision wichtig, jetzt verstehe ich besser, warum du unsere Arbeit nicht einfach mal schnell eben an den Kunden rausschickst wie ich das möchte. Und du fühlst dich von mir wahrscheinlich gedrängt, weil ich immer Tempo mache.“
DAS sind für mich die Sternstunden im Trainerleben, weil ich sozusagen live dabei bin, wenn die Teilnehmer ad hoc Erkenntnisse gewinnen, sofort umsetzen und damit sowohl ihr eigenes Leben als auch die Zusammenarbeit in der ganzen Firma verbessern.
Strategien für bessere Kommunikation
Auf dieser Basis sind die Teilnehmenden nun bereit für den nächsten großen Schritt: Strategien entwickeln, um mit anderen Menschen besser zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Für mich ist das der wichtigste Teil eines jeden Trainings zum DISG-Profil.
Hierzu wählen die Teilnehmenden zunächst in ihrer Kleingruppe eine Person aus, mit der jemand Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit hat. Meist ist es leichter, jemand außerhalb der eigenen Organisation zu wählen, z.B. einen „schwierigen“ Kunden. Wobei der Groschen ja eigentlich schon gefallen ist, dass dieser Kunde nur einen anderen Verhaltensstil zeigt, mit dem sich jemand schwertut.
Vorsicht vor Schubladen-Denken!
Aber Vorsicht: Mein Job als Trainer ist es, darauf zu achten, dass ordentliche Hypothesen gebildet werden, die sich auf das tatsächlich beobachtete Verhalten beziehen. Hier werden manchmal allzu schnell Schubladen aufgemacht, weil ja die Bezeichnungen der DISG-Stile teilweise auch eine „normale“ Bedeutung in unserer Sprache haben.
Jemand, der gern die Initiative ergreift, ist nicht automatisch ein Initiativer im DISG. Ebenso ist ein Mensch mit einer bestimmenden, dominanten Art, nicht zwangsläufig hoch-dominant in seinem Profil. Auch gilt es zu beachten, dass die meisten Menschen mehr als nur einen beobachtbaren Anteil haben, also zum Beispiel dominantes und gewissenhaftes Verhalten zeigen.
Umgang mit dominanten Persönlichkeiten
Bei den Ergebnissen findet sich dann oft eine Kombination aus Strategien, sich besser auf das Verhalten der anderen Person einzustellen, und solchen, die den eigenen Standpunkt durchsetzen wollen. Zielführender ist die erste Kategorie, auch wenn es natürlich in vielen Situationen hilfreich ist, das eigene Interesse nicht aus den Augen zu verlieren.
Zumindest aber zum Einstieg und um das Gegenüber abzuholen, ist es die bessere Strategie, sich aufs Gegenüber einzustellen. Im Training hatten wir einige sehr fordernde, vermutlich dominante Kunden, die gerne vom Dienstleister fast schon blinden Gehorsam erwarten. Das ist natürlich generell kein einfacher Menschentypus. Als Verhalten wurden knappe Kommunikation (gleich auf den Punkt, wenig Dialog), aber auch wenig empathische Gesprächsführung genannt.
Klare Position schafft Raum
Wenn es möglich ist, sollte man sich damit einfach abfinden, dass von diesem Gegenüber keine Fragen zum letzten Urlaub oder der eigenen Familie kommen. Smalltalk gehört wohl nicht zu deren Geschäft. Hingegen kann es schon erforderlich sein, bei willkürlichen Verknappungen von Deadlines schon auch eine klare Gegenposition aufzubauen. Diese sollte man dann aber auch kurz und knackig sowie mit fester Stimme formulieren. Merke: Ein Dominanter akzeptiert sehr wohl ein dominantes Gegenüber!
Im Training nutze ich die Gelegenheit, auch noch den Transfer in die eigene Firma vorzubereiten und lasse die Teilnehmenden ein Teamprofil erstellen. Dazu trägt jede(r) seinen DISG-Stil in eine Gesamtübersicht ein und wir überlegen uns gemeinsam, was das für ein Team bedeutet. Manche Teams sind sehr „ausgewogen“, andere hingegen sind in mindestens einem Feld eher unterbesetzt.
DISG-Profile und Stärken in der Gruppe
Oft ist auch die Anzahl von Teammitgliedern je Stil nützlich: Wenn es zum Beispiel viele dominante und initiative Teammitglieder gibt, die gerne Arbeit delegieren, aber nur wenig stetige, die die Arbeit dann auch wirklich erledigen und fertigstellen, kann das zu Überlastung führen. Oder das Startup, das nicht vorankommt, wenn zu viele gewissenhafte Teammitglieder jedes (Zwischen-) Ergebnis gründlich prüfen und erst danach freigeben.
Wir beenden den Tag – oder Vormittag wie bei diesem Kundenprojekt – mit dem persönlichen Entwicklungsplan, in dem die Teilnehmer ihren eigenen Aktionsplan zur Umsetzung nach dem Training formulieren. Sie reflektieren dazu, wie sie ihre Stärken künftig besser einsetzen und ausbauen wollen. Wie sie besser mit anderen Menschen zusammenarbeiten wollen und damit – je nach eigener Rolle – auch bessere Führungskräfte oder Teammitglieder sein werden.
Vertiefung durch Lernkontrakt mit Gegenüber
Dieses Ziel kann noch durch einen entsprechenden Lernkontrakt zu zweit ergänzt werden. Ich bin stets beeindruckt, was davon dann konkret umgesetzt wird. Daher verspreche ich tatsächlich meinen Kunden, dass sich nach diesem Training die Zusammenarbeit in der Firma, aber auch mit Kunden, Lieferanten und Partnern verbessert!
Und das ist doch ein Wunsch, den wir alle haben, oder nicht? Falls Sie nun neugierig geworden sind, entweder Ihr eigenes DISG-Profil zu erstellen oder mit ihrem Team bzw. dem Unternehmen all diese Vorteile von DISG nutzen wollen, sprechen Sie uns gerne an! Bitte ein kurzes Mail an office@drblaschka.de oder ein kurzer Anruf unter Telefon 08035 / 873053, das genügt.