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Meine geheime Superpower? Ich bin schwul. Und dankbar dafür.

Bald ist wieder Juni – Pride Month. Das nehme ich zum Anlass, um zu reflektieren, warum meine Queerness nicht nur Teil meiner Identität ist, sondern meine Stärke. Und was sie für mich als Coach ausmacht.

Fünf Gedanken dazu, was Anderssein wirklich bedeuten kann.

1. Perspektivenvielfalt statt Schablonen-Denken

Ich denke jenseits von Stereotypen, Rollenbildern und vermeintlich gelungenen Lebensentwürfen. Verheiratet, zwei Kinder, Haus, Hund – und maximal in der dritten Beziehung im Leben. Für mich klingt das oft nach einem sehr engen Rahmen an Lebenserfahrung. Wichtig: Es geht mir nicht darum, jemanden abzuwerten. Wenn du darin dein Glück gefunden hast, ist das wunderbar. Nur: Es gibt eben mehr. Und vor allem auch andere Lebensentwürfe.

Als Coach erlebe ich oft, dass genau diese Modelle zur Mitte des Lebens ins Wanken geraten. Wenn etwas auseinanderbricht, was lange als sicher galt. Ich habe diese Brüche selbst erlebt. Mehrfach. Und ich sehe sie auch bei anderen. Es gibt auch ein Leben nach der Trennung von der großen Liebe. Oft sogar eines mit mehr Klarheit und Erfüllung.

2. Beziehungskompetenz durch gelebte Vielfalt

Ja, ich hatte mehr als drei Beziehungen im Leben. Damit habe ich mehr Erfahrungen gesammelt – im Kennenlernen, aber auch darin, wie man eine saubere Trennung gestaltet. Ich habe mich auch schon auf Arten getrennt, die ich heute lieber vergessen würde.

Dafür weiß ich mittlerweile: Wann kann nach einer Trennung noch Kontakt oder gar Freundschaft entstehen? Und wann nicht? Spoiler: tatsächlich selten.

Ich habe viele unterschiedliche Männer kennengelernt. Mit verschiedensten Hintergründen und Lebensstilen. Ich wurde willkommen geheißen in fremden Wohnungen. Von schlichten Jugendzimmern bis hin zu durchgestylten Lofts – ich habe vieles erlebt. Manchmal habe ich mich wohl gefühlt, manchmal auch nicht.

Ich habe tiefgreifende Gespräche geführt. Viel über Musik und Kunst gelernt. Ebenso über ganz andere Berufe. Wir Schwulen sind selbst eine unglaublich facettenreiche Community. Und nicht immer stolz genug auf das, was wir leben und leisten.

3. Empathie durch Anderssein

Schwulsein ist meine persönliche Delle. So nenne ich sie liebevoll. In einem sonst eher privilegierten Leben. Ich bin Mann, 1,97 m groß, habe eine kräftige Stimme. Ich bin weiß, cis, Akademiker, komme aus einem guten und liebevollen Elternhaus. Und trotzdem: Ich habe mich nie gleich gefühlt. Ich war immer anders.

Besonders irritiert hat mich, dass man mich in meiner Zeit im Konzern oft automatisch zur Führungsriege gezählt hat. Obwohl ich mich mit den dort gelebten Werten nie wirklich identifizieren konnte. Die meisten Kollegen führten ein sehr klassisch heteronormatives Leben. Sie waren Männer, häufig Techniker oder Ingenieure, verheiratet mit Frauen in Berufen wie Erzieherin oder Krankenschwester. Diese Konstellationen – Haus, Kind, Absicherung – hatten mit meinem Leben nie viel zu tun.

Und ja, auch ich ertappe mich manchmal dabei, in Stereotypen zu denken. Aber genau das hat mich sensibel gemacht. Für die subtilen Normen, die in vielen Systemen wirken.

Ich verstehe, was in Menschen vorgeht, die sich nicht normal oder willkommen fühlen. Sei es als Geflüchtete, als Alleinerziehende, als frisch Verwitwete oder Getrennte, als Mensch mit Behinderung, in finanzieller Not oder emotionalen Krisen.

All das sind Erfahrungen, die Menschen in vermeintlichen Minderheiten machen – und die zusammengenommen längst kein Randphänomen mehr sind. Eine Gesellschaft zeigt ihre Qualität daran, wie sie mit Vielfalt umgeht. Wenn wir diese Perspektiven nicht nur dulden, sondern als Bereicherung erkennen, entsteht echter Zusammenhalt.

4. Gelebte Resilienz jenseits der Komfortzone

Ich habe unsere Safe Spaces immer als das erlebt, wofür sie gedacht sind: sichere Räume, in denen ich so sein darf, wie ich bin. Diese Orte sind wichtig. Und ich bin dankbar, dass es sie gibt.

Mein Appell an alle, die sich als Teil der Mehrheitsgesellschaft verstehen: Lasst uns diese Räume. Sie sind nicht zum Zuschauen oder Mitinszenieren da. Sondern für uns. Zum Überleben. Zum Leben. Und zum so sein dürfen, wie wir sind. Ohne Erklärung. Ohne Rücksichtnahme. Ohne ständige Anpassung.

5. Queerness als Zugang zur Wahrheit

Die heteronormative „Welt“ ist die größte Illusion. Vielleicht sogar die größte Lüge unserer Zeit. Weil sie ein Ideal vorgibt, das nicht einmal für alle Heteros funktioniert. Das Leben ist bunt, vielfältig. Und genau so ist es auch in uns angelegt.

Das habe ich schon mit Anfang 20 erkannt. Es hat mir immer eine andere Sichtweise auf mein eigenes Leben und das anderer Menschen ermöglicht.

Schwulsein bedeutet für viele – auch für mich – abwechselnde Zeiten von Beziehung und Single-Dasein. Kein Makel, sondern ein Pluspunkt. Wenige Menschen können mit sich allein sein. Denn es bedeutet Konfrontation mit sich selbst. Mit dem, was man mag, vermeidet, verdrängt. Man muss mit sich selbst klarkommen. Und Spaß haben mit sich selbst.

Eine Freundin hat mir neulich gestanden, dass sie nie alleine in den Urlaub fahren könnte. Deswegen tut sie es auch nicht. Stattdessen opfert sie sich weiter für ihre große Familie auf. Obwohl sie weiß, dass es sie selbst nicht wirklich erfüllt.

Du bist gerade in einer Situation, in der du dich nicht gesehen fühlst? In der du dich mit deiner Geschichte, deinem Anderssein oder deiner Rolle in dieser Gesellschaft beschäftigst?

Dann schreib mir. Was ist deine Superpower? Oder nimm Kontakt auf – ich freue mich, von dir zu hören.