Die Flüchtlinge und der Coach
In meinem Wohnort in Raubling sind Flüchtlinge aus u.a. Afghanistan, Syrien, Pakistan und Nordafrika untergebracht. In mir wuchs der Wunsch, mich irgendwie einzubringen in die ehrenamtliche Arbeit vor Ort. Bei uns gibt es einen recht aktiven Helferkreis und als Coach habe ich doch immer wieder Phasen, in denen ich mir die Zeit tagsüber gut einteilen kann.
Dann ging es mir zunächst so wie vielen Leuten: Ich wollte etwas Sinnvolles tun. Es sollte wirklich helfen, nicht im Klein-Klein der alltäglichen Flüchtlingsarbeit untergehen. Tatsächlich kam ich schnell am Boden der Tatsachen an. Es sind vor allem die vermeintlich kleinen Dinge, die am Ende direkt bei den Menschen ankommen. Gespräche zum Beispiel, ausdauerndes Zuhören. Übersetzen, Sprachbarrieren überwinden. Als Coach spüre ich, wie schwer die erlittenen Traumata aus den Heimatländern und der Flucht auf den Asylsuchenden lasten. Fahrdienste zu den Behörden und Beistand auf den Ämtern kristallisieren sich schließlich als meine Beiträge zur ehrenamtlichen Arbeit heraus. Nicht spektakulär. Sondern bisweilen mühselig, anstrengend und nervig, sogar richtig ärgerlich! Das schreibe ich hier bewusst, denn ich als Helfer bin so (fast) derselben emotionalen Achterbahnfahrt ausgesetzt wie ein Asylsuchender. Dieser muss zusehen, wie er es von seiner peripheren Unterbringung bis um 10 Uhr morgens zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nach München schafft und kann sich dann mit der deutschen Bürokratie herumschlagen, die oft nicht mal ein Deutscher versteht. So ging es uns – mir als Fahrer, einer weiteren Helferin und einem jungen Asylsuchenden aus Afghanistan – bei einem der letzten Termine zumindest: wir saßen Punkt neun Uhr mit unseren Wartenummern im BAMF. Das taten wir vier geschlagene Stunden lang. Dann kamen ein paar wuchtige Securities und warfen uns regelrecht aus der Behörde. Wir sollten zu einem anderen Termin wiederkommen und mussten unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren. Für mich kein glanzvoller Einsatz. Nichts, was ich hätte tun können, um den Flüchtling einen Schritt weiter zu bringen. Außer: Dabeisein, etwas Mut und Zuversicht verbreiten, mich ums Organisatorische kümmern. Aber das ist okay. Für mich eine der wichtigsten Lektionen der letzten Wochen.
Sprechen, Fahren, Zuhören
Ich spreche in letzter Zeit mit vielen Menschen über mein freiwilliges Engagement und stelle fest, dass viele gerne helfen würden, aber nicht wissen, was man tun kann, welche Qualifikationen erforderlich sind und wo Anlaufstellen sind. Genau darum geht es mir mit diesem Beitrag.
Oft sitze ich nur bei den Asylsuchenden, trinke Tee und rede deutsch mit ihnen. Sie lernen alle Deutsch in Kursen, aber nichts kann natürlich das Üben mit einem Einheimischen ersetzen. Zumal unsere Jungs hier im Ort ja auch noch gleich bayerisch als weitere Fremdsprache lernen müssen! Meistens sind wir Helfer auch gefordert, Briefe von Behörden aus „amtsdeutsch“ in ein halbwegs verständliches Deutsch zu übersetzen. Die Fahrdienste zu Ärzten, Ämtern und Behörden sind ein kleiner Beitrag, wo Helfer mit geringem Aufwand viel Gutes tun können. Dazu sind überhaupt keine besonderen Qualifikationen nötig – wo es um medizinisch bzw. psychologisch relevante Themen geht, kann man als Helfer bestenfalls noch bei der Terminvereinbarung beim Arzt unterstützen. Somit reichen ein gesunder Menschenverstand und etwas Offenheit gegenüber anderen Ländern und Kulturen vollkommen aus.
Wer gibt, bekommt viel zurück
Wer sich nun als Helfer engagieren will, dem seien als erste Anlaufstellen der örtliche Helferkreis, die Asylverantwortlichen in der Kommune oder die örtliche Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz genannt – hier stellt man sicher den Kontakt gerne her und alles Weitere ergibt sich dann.
Selbstverständlich kann man sich auch als Unternehmer bestens engagieren, unsere Flüchtlinge sind hier bei einigen Betrieben in Arbeit oder Ausbildung. Da die Rahmenbedingungen hierfür nicht ganz einfach sind und sich leider öfter ändern, empfehle ich den Kontakt zum örtlichen Jobcenter bzw. den kommunalen Behörden. Die meisten Asylsuchenden besuchen noch Schule, Deutsch- oder Integrationskurse und können daher keine Vollzeitstelle annehmen, das vielleicht vorab zur Info.
Eines kann ich versprechen: Es ist ein Engagement, das fürstlich entlohnt wird. Nicht in Euro, aber in vielen wunderbaren Erlebnissen und mit tiefer, ehrlicher Dankbarkeit. Und manchmal zeigen mir unsere Flüchtlinge wieder eine andere Perspektive auf das Leben. Es geht nicht um Wachstum, Karriere, Konsum und Geld – sondern um den Kontakt zu anderen Menschen.
A propos Kontakt: ich freue mich über jede persönliche Kontaktaufnahme bei Ihren Fragen zu dem Thema. Sie merken ja, dass es mich gerade ziemlich bewegt.