Warum Sex Gesundheit und Erfolg fördert
Sex sells, na klar! Über kaum ein anderes Thema wird so viel gesprochen – im Privatleben, im Freundeskreis und unter der Hand auch im Beruf. Warum nicht mal eine Expertin dazu zu Rate ziehen, dachte ich mir, die uns die Augen öffnet, wie Gesundheit, Sex sowie beruflicher und privater Erfolg zusammenhängen.
Meine Netzwerk-Partnerin Susanne Wendel ist eigentlich Spezialistin für Ernährungs- und Gesundheitsfragen, Coach, NLP-Trainerin und gefragte Keynote-Speakerin. Als (S)expertin kann sie nicht nur angenehm locker, entspannt und humorvoll über ein mitunter schwieriges Thema reden. Sie zeigt auch auf, wie sich Blockaden im Kopf lösen lassen, das Leben mehr Würze bekommt und wie ein probates Mittel gegen Burnout aussehen kann. Als Autorin schreibt die Münchnerin nach zwei gefragten Ratgebern („Gesundgevögelt„) inzwischen an ihrem dritten Ratgeber-Buch zum Thema Sex. Als Coach verhilft sie mit ihrem Partner auch Paaren zu neuem Schwung in der Beziehung.
Als Ernährungswissenschaftlerin hast Du lange Zeit gute Tipps in Sachen Ernährung parat gehabt, wenn es um die Gesundheit ging. Wie kam der Brückenschlag zum Thema Sex?
Susanne Wendel: Ich habe vorher schon mit Erfolg mehrere Bücher über Ernährung geschrieben und war ganz gut positioniert als Gesundheitsexpertin. Dazu kam dann eine Coaching- und Leadership-Ausbildung. Zugleich war das eine Phase, in der ich nach der Trennung von meinem Mann im Bereich Sexualität Neuland erkundet und viel ausprobiert habe: Swinger-Clubs, Bondage, SM, Tantra-Seminare. Meine Coaching-Mentorin schlug mir in diesem Zusammenhang vor, ob ich nicht auch in diesem Bereich mal ein Buch schreiben will, weil ich diesbezüglich auch sehr neugierig, aufgeschlossen und unbefangen war. Von der ersten Idee bis zum Buch „Gesundgevögelt“, das 2012 herausgekommen ist, hat es dann allerdings drei Jahre gedauert.
Wie bist Du auf den originellen Titel gekommen?
Wendel: Ich habe lange überlegt und Synonyme für „Sex machen“ gesucht. Als ich den Ausdruck endlich hatte, kamen mir große Bedenken, ob ich dann überhaupt noch für seriöse Vorträge zum Thema Gesundheit und Ernährung gebucht werde. Die Befürchtungen waren im Endeffekt unbegründet. Es sind ergänzend andere Kunden auf mich zugekommen, die den Buchtitel witzig fanden.
Inwiefern ist Sex förderlich für die Gesundheit?
Wendel: Allein auf der körperlichen Seite aktiviert Sex viele Muskeln, sorgt für die Ausschüttung von Glückshormonen, stärkt das Immunsystem, regt das Herz-Kreislauf-System an und reguliert den Blutdruck. Sex lindert Schmerzen und hilft, Krebserkrankungen vorzubeugen. Wer zwei- bis dreimal die Woche Sex hat, sieht zudem bis zu zehn Jahre jünger aus. Dazu gibt es zahlreiche Studien. Ich denke immer wieder gerne an den Unternehmer, der mir erzählt hat, wie er seinen Burnout durch regelmäßige Besuche in Swinger-Clubs in den Griff bekommen hat. Auch von der seelischen Qualität her bringt Sex uns in Einklang mit unserem inneren Wesen. Und zwar, wenn wir es schaffen, unser Wesen im Bereich der Sexualität wirklich auszudrücken dun unsere Wünsche auszuleben.
Erleuchtung durch Sex?
Du sagst, richtiger Sex bringt einen leichter der Erleuchtung näher als Yoga oder Meditation. Wie sah denn diesbezüglich Deine Erleuchtung aus?
Wendel: Ich hatte schon als junge Frau Fantasien, die nicht unbedingt der Norm entsprochen haben. Etwa vom Gefesseltwerden. Das ist mir seinerzeit aber eher peinlich gewesen und ich dachte, ich ticke nicht richtig. Als erwachsene Frau war ich acht Jahre verheiratet, war treu und wir hatten „normalen“ Sex. Das war o.k., aber nicht unbedingt aufregend. Nach der Trennung bin ich auf Entdeckungsreise gegangen und habe mich online mit einem Mann in Swingerclubs verabredet. Ich habe festgestellt, dass Sexclubs und SM ganz anders sind, als viele sich das vorstellen. Es geht um das Spiel mit Dominanz und Passivität, Rollenspiele, Hingabe und totales Loslassen, man schaltet das Hirn mal aus. Dazu kommt die Faszination, das Kopfkino der Gedanken in die Realität zu bringen, den ewigen moralischen Zeigefinger zu überwinden und dabei festzustellen, wer man wirklich ist und seine dunklen Seiten kennenzulernen. Ich habe das als „life-changing-sex“ erlebt, als Sex, der das Leben verändert. Diese Art der Erleuchtung und innerer Selbsterkenntnis ist ein Weg, der sich durchaus mit Yoga oder Meditation messen kann.
Birgt diese Begegnung mit der „dunklen Seite der Nacht“ nicht auch die Gefahr, sozusagen die „Dose der Pandora“ zu öffnen und sich in den eigenen Untiefen zu verstricken, so dass einem „normaler“ Sex nichts mehr abgibt?
Wendel: Aus meiner Erfahrung ist genau das Gegenteil der Fall. Man hat sozusagen die ganzen Fantasien aus dem Kopf herausgebracht, so dass sie einen nicht mehr belasten. Man weiß viel genauer, was einem guttut oder was man nicht will und kann auch sogenannten „normalen Sex“ viel mehr genießen. Mir ging das jeden Fall so.
„Löst euch von alten Stereotypen“
Sind Männer und Frauen in diesem Bereich unterschiedlich?
Wendel (lacht!): Woran es nach meinen Erfahrungen am meisten hakt, ist die Feststellung, dass viele auf sexuellem Gebiet gar nicht wissen, was sie wirklich wollen oder sich nicht trauen, das umzusetzen. Die meisten machen es so, wie sie es irgendwo gelernt, gelesen oder vielleicht auch in Filmen beobachtet haben. An diesen Mustern orientiert man sich, ohne es zu hinterfragen. Das typische „Rammeln“ entspricht aber nicht unbedingt den eigenen Bedürfnissen. Gerade für Frauen wäre es wichtig, herauszufinden, was ihnen wirklich guttut, weil sie sich oft einfach dem Partner anpassen, anstatt mehr auszuprobieren. Letzteres gilt auch für Männer, die ganz neue Seiten an sich entdecken und genießen können, wenn sie sich von vorgegebenen Stereotypen und Mustern verabschieden.
Mit Deinem neuen Partner gab es dann aber offensichtlich auch einen „Durchhänger“, wenn man Deinem Folgebuch und Praxisratgeber für Paare „Gesundgevögelt in 12 Wochen“ von 2017 Glauben schenken darf?
Wendel: Nun ja, wir haben zwei Kinder bekommen und das gibt natürlich eine ganz neue Dynamik in der Paarbeziehung. Da kommt eine neue Phase, wenn Frauen auf den „Mami-Kanal“ gehen, sich nur noch um die Kinder kümmern und auch emotional nur noch den Kindern zugewandt sind. Ich habe das sehr genau bei mir beobachtet. Da müssen Frauen auch für sich wieder schauen, wo ist denn die wilde Frau geblieben, die ich früher mal war.
Wie reagieren Führungskräfte?
Du hälst als Keynote-Speakerin auch spritzige Vorträge zum Thema „Gesundgevögelt“. Wie reagieren Führungskräfte darauf?
Wendel: Sagen wir mal so: Firmen buchen mich mehr für Vorträge zum Thema Gesundheit oder Work-Life-Balance. Dabei rede ich natürlich auch mit der richtigen Prise Humor über mein Lieblingsthema und das kommt sehr gut an bei den Leuten.
Wer bucht dich zum Thema „Gesundgevögelt“?
Wendel: Das sind eher Vorträge für Kunden oder Mitarbeiter, bei denen ich wie eine Art Entertainer fungiere, wie man sonst vielleicht einen Zauberer oder Mentalisten engagiert. Ich war auch schon öfter für Eltern- oder Familienkongresse gebucht. Ebenso als gefragter Gast in Talkshows. Dazu kommen Vorträge in Erotikshops, die Kundenveranstaltungen machen.
Sex und Beruf: Welche Zusammenhänge sind aus Deiner Sicht wichtig?
Wendel: Ich glaube, wir sind uns einig, dass es für die Leistungsfähigkeit insgesamt wichtig ist, das es auch im Privaten stimmt. Da spielt die Sexualität eine Rolle von vielen. Bemerkbar macht sich das vor allem, wenn sie fehlt bzw. dauerhaft fehlt oder als negativ und unbefriedigend erlebt wird. Dann wirkt sich das auch auf die Leistungsfähigkeit und das Lebensgefühl insgesamt aus.
Bessere Verkäufer durch mehr Sex?
Sind sexuell aktive bzw. erfüllte Menschen die besseren Verkäufer oder Manager?
Wendel: Hast Du schon mal jemanden erlebt, der frisch verliebt ist? Der strahlt nicht nur von innen heraus, weil er die rosarote Brille auf hat. Wenn Menschen dauerhaft zu wenig Sex haben, kann sich Frust aufstauen, der dann vielleicht an andere abgegeben wird. Man wird eher müde, tut sich schwerer, mit Problemen umzugehen, ist schlechter gelaunt. Die Sexualenergie ist eine unserer größten Energiequellen, die natürlich einen erheblichen Einfluss auf unsere Ausstrahlung und Wirkung auf andere hat. Von daher gesehen wäre erfüllter Sex auch ein gutes Heilmittel gegen Burnout.
Wie waren denn die Reaktionen auf Dein neues Buch „Gesundgevögelt in 12 Wochen“, das sich vor allem an Paare wendet?
Wendel: Kamen nach dem ersten Buch die Reaktionen von Männern und Frauen gleichermaßen, so melden sich jetzt tatsächlich viele Paare, die mir schreiben, dass sie viele Sachen ausprobiert haben und die mich auch auf Coachings ansprechen. Zusammen mit meinem Partner bieten wir ergänzend gemeinsame Retreats oder eine Coachingwoche für Paare an, die zusammenbleiben und sich weiterentwickeln wollen.
Was machen diejenigen, die nicht gerade dem gängigen Schönheitsideal entsprechen?
Wendel: Wenn es um Sexualität geht, ist für Männer ein perfektes Äußeres eher sekundär. Es ist viel wichtiger, dass Frauen unverkrampft sind und Spaß haben. Umgekehrt ist es so, dass die meisten Frauen lieber angefasst werden wollen und nicht so auf visuelle Reize reagieren. Den guten Liebhaber zeichnet aus, dass er neugierig ist und sich gut auf die individuellen Bedürfnisse einer Frau einstellen kann und nicht, dass er sein „Programm“ durchzieht. Die Würze gibt der Humor, der die Anspannung bzw. Verkrampfung nimmt.
Arbeit an einem neuen Buch
Du arbeitest gerade an Deinem 14. Buch. Gewinnst Du dem Sex darin eine neue Seite ab?
Wendel: In dem neuen Buch geht es darum, Frauen zu vermitteln, dass sie sich mehr in den Vordergrund stellen sollen. Sie halten sich oft sehr zurück und schieben alles andere vor, Kinder, Familie, Mann, so dass sie ganz am Schluss kommen, darüber aber ziemlich angefressen sind. Ich möchte Frauen Impulse geben, dass sie mal selber, auch im Bett, sagen, was sie wollen. Das können viele nämlich nicht. Sie erwarten vom Mann, dass der das rausfindet, durch Gedankenlesen oder Ausprobieren. Es geht im Prinzip um den Aufruf, nicht irgendwelchen Bildern und Vorstellungen von außen nachzueifern, sondern unsere ganz individuellen eigenen Vorstellungen herauszufinden und auszuleben.
Zusammen mit der Körperforscherin und Traumatherapeutin Ilan Stephani gibt Susanne Wendel am Samstag, 10. November von 14 bis 18 Uhr einen Workshop im Arcone Technologie Center in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Im Dialog, mit Körperübungen und in Impulsvorträgen werden beide Expertinnen das Thema Sexualität in ganz neuer Perspektive vorstellen. Nähere Infos zum Workshop gibt es unter „Sex shifts“.
Foto: Susanne Wendel